Artwork: Tempel Studio
Taijihad, Taiger, Tightchi, Taicheguevara, Taiwahn, Taiphoon, Taichingiskahn oder auch einfach Aimo Brookmann: Der in Berlin lebende Rapper galt 2004 als einer der vielversprechensten Künstler im Deutschrap.
Der komplette Durchbruch blieb dem Berliner jedoch verwehrt, denn Anfang 2000 war im Deutschen Hip-Hop noch nicht daran zu denken, dass man auch ohne Gangstergepose auskommt und zeitgleich erfolgreich sein kann. Dies bekam auch Aimo zu spüren.
Mit seinen beiden letzten Alben „Aussenseiter“ und „Therapie“ offenbarte der Berliner einen sensiblen Geist, der jeden seiner Tracks beseelt und erlebbar macht. Leider ohne den angepeilten kommerziellen Erfolg. Vielleicht lag es an der Musik, möglicherweise war es auch einfach die falsche Zeit, denn nachfolgende EPs und Kollaborationen hörten sich eher halbherzig an.
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Zwischen seinem letzten Album „Therapie“ und der Ankündigung seines neuen Albums „Schneckenhauseffekt“ (das am 30. Januar 2015 erscheinen soll) widmete sich Aimo sich seinem Studium, dem eigenen Label („mein Label„), einigen sozialen Projekten und beschritt den Jakobsweg.
2012/2013 erschien eine EP-Trilogie („Verblendung“, „Verdammnis“, „Vergebung“), die den Auftakt eines neuen Abschnitts in seiner musikalischen Entwicklung sein sollte und nach eigenen Aussagen im kommenden Album nun seinen Abschluss finden. Wie er diese Aussage musikalisch umgesetzt hat und was in den letzten Jahren abseits der Musik so alles beim ihm passiert ist schilderte er uns in einem kleinen Interview:
Fakten zum Album:
- 15 Tracks
- Features von Gunter Gabriel
- Produziert von Timo Krämer
- Label: mein Label | Vertrieb: Wolfpack Entertainment/Soulfood (physisch), recordJet (digital)
Hallo Aimo, vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast. Ich will in den folgenden fünf Fragen weniger auf die musikalische Ausrichtung von deinem kommenden Album eingehen, da ich finde, dass es einerseits für einen Künstler immer schwer ist seine eigene Musik zu „zerreden“ und andererseits sollte man die Musik einfach für sich sprechen lassen.
Mich interessieren eher, die in deinem Pressetext zum kommenden Album erwähnten Faktoren, die zu deiner musikalischer Pause geführt haben. Ich hoffe, du bist damit einverstanden.
Klar, kein Problem. Musik gibt es ja momentan eh noch nicht zu hören, bis auf den Song „Antirapper“.
Selbstfindung: Dein erstes Album „Legende von Morgen“ hast du bereits 2004 im Alter von 20 Jahren herausgebracht. Trotz jahrelanger Aktivität hat es bis dato noch nicht für den ganz großen Durchbruch gereicht. Nach meinem und dem Empfinden – und mit der Meinung bin ich sicher nicht alleine – lag es nicht an deinem songschreiberischen Talent oder technischen Fähigkeiten, sondern eher daran, dass du für dich selbst nie dein Alleinstellungsmerkmal gefunden hast und sich aus diesem Grund Songs sehr oft geähnelt und unausgereift angehört oder einfach nicht „besonders“ genug geklungen haben.
Siehst du das genauso? Hört man auf „Schneckenhauseffekt“ einen Rapper, der sich nun zu 100% gefunden hat?
Das ist ein schwieriges Thema. Ich denke es ist so, dass ich zwar extrem gut darin bin Gefühle und Emotionen in Worten und Songs zu verpacken, aber weniger gut darin das ganze dann zu verkaufen bzw. für mich selbst zu werben. Ich bin ein bescheidener und zurückhaltender Typ, der sich eher eine Kugel in Kopf geben würde, als irgendwo hin zu gehen und jemand davon zu überzeugen, dass ich der geilste Rapper bin und er sich das unbedingt mal anhören muss. Wie du selbst sagst, lass ich die Musik am liebsten für sich selbst sprechen und wenn du niemanden hast der dich managet und genau diese unangenehmen Aufgaben übernimmt passiert halt auch weniger.
Ich denke aber auch, dass ich mir mit meinem „Aussenseiter“ Modus und der Antirapper-Attitüde einiges selbst verbaut habe. Eine „Anti“-Haltung gegenüber der Szene führt eben auch dazu, dass weniger offene Arme auf einen warten, als wenn du jetzt im universellen „Nächstenliebe-Modus“ wie z.B. Kaas unterwegs bist. Ich denke mit „Schneckenhauseffekt“ habe ich die Essenz von dem was viele an meiner Musik mögen festgehalten und auf alles drum herum verzichtet.
Musikalischer Stillstand: Glaubst du, dass du zum falschen Zeit den Traum eines erfolgreichen Rappers gehabt hast und dass die heutige Raphörerschaft in Zeiten von Casper, Marteria, Tua etc. offener für deine Art von Musik ist als damals?
Ich denke, dass Leute wie Casper, Marteria und Tua natürlich kommerziell den Weg geebnet haben für Musik wie ich sie mache.
Allerdings bedeutet das natürlich nicht, dass meine Musik jetzt automatisch erfolgreicher wird. Ich mache meine Musik seit Beginn an eher für mich und ein paar Leute da draußen, denen ich mit meiner Musik aus dem Herzen spreche. Ich hatte aber nie die Ambition oder den unbedingten Druck kommerziell erfolgreiche Musik zu machen. Wenn dem so wäre, hätte ich vor 10 Jahren schon ganz andere Musik gemacht.
Fehlende Zugehörigkeit zur deutschen Hip-Hop Szene: Auf deinen beiden letzten „wirklichen“ Alben „Aussenseiter (2007)“ und „Therapie (2008)“ bist du sehr offensiv und selbstbewusst mit deiner Position als Einzelkämpfer innerhalb der Szene umgegangen. Nun klingt es im Pressetext so als hätte es schon an dir „genagt“. Gab es irgendwann den Zeitpunkt in deinem Leben an dem die „Einzelkämpfer-Mentalität“ einer Sehnsucht nach Anerkennung gewichen ist?
Einer Sehnsucht nach Anerkennung auf keinen Fall. Anerkennung habe ich ja schon immer bekommen, für das was ich mache. Ich bekomme bis heute wirklich verrückte Briefe und Mails von Leuten denen meine Musik tatsächlich hilft im Leben. Das ist für mich definitiv genug.
Ich bin aber an einen Punkt in meinem Leben, an dem ich diese „Einzelkämpfer-Mentalität“ kritisch betrachtet habe und in Frage stelle. Gerade in einer Zeit in der Musiker Erfolg haben, die ich selbst cool finde und bei denen ich mich nicht dafür schämen muss, dass ich Rapmusik mache. Natürlich denke ich mir dann, vielleicht hast du dir durch deinen eigenen Anti-Film den ein oder anderen Weg verbaut.
Aber im Endeffekt ist alles gut, mir gehts gut, ich bin nicht darauf angewiesen von der Musik zu leben und habe den Luxus genau die Musik zu machen, die ich machen möchte.
Den Jakobsweg beschreiten: Was waren die Schlüsselmomente auf dem Weg? Hat dieses Erlebnis thematisch einen direkten Platz auf deinem Album gefunden oder hat es „nur“ deine Sichtweise auf bestimmte Themen geprägt, die du verarbeitet hast?
Der Jakobsweg hat auf jeden Fall seinen Platz auf meinem Album. Ich bin im Sommer 2012 gepilgert, unmittelbar bevor ich angefangen habe an dem Album zu schreiben. Einige Zeilen wie z.B.
„Es ist grau draußen, Nebelschwaden rauben die Konturen / Du bist weg, weit weg – ich schlag die Augenlieder zu / War wie ein Traum nur ich und du, wir warn uns Jahre lang nah / Bis wir uns nach und nach in die Haare bekamen“
aus dem Song „Antirapper“ habe ich Kilometer lang auf dem Weg in mir bewegt und geschrieben.
Generell war auf diesem Weg zu laufen ein einschneidendes Erlebnis. Der Song „Der Weg“ auf „Schneckenhauseffekt“ behandelt dieses Thema auch.
Die Neuentdeckung deiner Liebe zur Musik: Wann hast du für dich beschlossen wieder Musik zu machen? In der Vergangenheit hast du dem Hörer bereits immer einen Einblick in deine Welt gewährt. Was macht „Schneckenhauseffekt“ zu einem Neuanfang?
Bevor ich 2012 auf dem Jakobsweg gepilgert bin war ich an einem Punkt des Stillstandes. Ich hab die 3 EPs gemacht und habe mich nach einer musikalischen Veränderung gesehnt.
Zu diesem Zeitpunkt habe ich angefangen mit Timo Krämer zu arbeiten, der musikalisch einen ganz anderen Background hat und mit einem ganz neuen Ansatz an die Sache herangegangen ist. Das war für mich absolut erfrischend. Als ich dann im Herbst aus Spanien zurückkam, haben wir intensiv angefangen am Album zu arbeiten. Das war für mich der Punkt, an dem ich wieder Blut geleckt habe und Lust auf Musik hatte. Aus dem Schneckenhaus heraus…
Vielen Dank für das Interview! Viel Glück mit „Schneckenhauseffekt“!
Danke, Danke für das Interview und auch dir viel Glück für die Zukunft.
Tracklist – „Schneckenhauseffekt“
01. Antirapper
02. Der Weg
03. Schneckenhauseffekt
04. Schon okay
05. Halt mich
06. Himmelsrichtung Westen (ft. Gunter Gabriel)
07. Wintertag
08. Zieh mich zurück
09. Angst
10. Nochmal reden
11. Eindrücke
12. Katastrophe Notwehr
13. Geburtstag
14. Musik statt Beats
15. Ich danke allen
Für alle die sich eine Premium-Box von „Schneckenhauseffekt“ wünschen, können nun an dem Crowdfunding-Projekt teilnehmen, es finanziell unterstützen und sich eine Box sichern:
3 Comments
[…] 5 Fragen zum Album: Aimo Brookmann (ehem. Taichi) – Schneckenhauseffekt […]
[…] Prod. by Timo Krämer | From: „Schneckenhauseffekt“ (VÖ: 30.01.2015) […]
[…] habe ich z.B. mit Timo Krämer, mit dem ich auch schon „Schneckenhauseffekt“ zusammen gemacht habe. Abgesehen davon habe ich viele Beats von Allrounda und Ear2thaStreet von den […]