
Fatoni kommt mit seinem neuen Album „Andorra“, Foto: (c) Winson
Fatoni ist auf seinem neuen Album “Andorra” unfassbar selbstreflektiert und versteckt das meiste nicht mehr unter einer großen Portion Ironie. Es scheint so, als hätte er sich musikalisch ausprobiert, viel neues entdeckt und über sich selbst gelernt.
Inhaltsverzeichnis
„Andorra“ // Short Facts
- Features: Dirk von Lowtzow, Casper
- Label: Universal Music
- Release Date: 07. Juni 2018
- Länge: 13 Tracks // 41 Minuten
Album Streams
„Andorra“ // Review
“Es fängt an, es hört auf. Mittlerweile die Midlife-Crisis mit Mitte 30 und zwischenzeitlich ein klitzekleines Burn-Out. Aber alles im grünen Bereich.”
Mit diesen Zeilen beginnt “Andorra” von Fatoni und macht damit schon mal klar, in welche Richtung das Album geht. Das Outro des ersten Songs “Alles zieht vorbei” spricht Dirk von Lowtzow und sagt den treffenden Satz: “Fremde Lebensentwürfe hast du schon immer romantisiert.”
Genau das macht Fatoni auf seinem Track “D.I.E.T.E.R.”. Denn Dieter Bohlen und ihn vereint eine gemeinsame Sache: Beide nennen Paul McCartney als Vorbild. Auch wenn beide dafür unterschiedliche Gründe haben. Im ersten Part erklärt Fatoni, warum er Paul McCartney als Vorbild hat, danach fasst er Dieter Bohlens Antrieb zusammen und stellt es seinem aktuellen Leben gegenüber, da er manchmal gerne mehr wie Dieter Bohlen wäre.
Der Song “Die Anderen” ist die erste Singleauskopplung zum Album und liefert damit einen Ohrwurm, dessen Parts mit so viel treffenden Aussagen gespickt sind. Er befindet sich zwischen moralischen Fragen, Whataboutism, Selbstreflektion und Hilflosigkeit.
Früher war alles besser? Oder nicht?
Während Fatoni eigentlich nie sagen wollte, dass früher alles besser war, macht er genau das auf “Clint Eastwood”. Doch er redet nicht alles schlecht, sondern gibt zu, dass er irgendwie den Anschluss an den Zeitgeist verloren hat und es einfach nicht mehr versteht, was die jüngere Rap-Generation macht. Der Song ist vor allem durch das Musikvideo aufgefallen, da es eine perfekte Hommage an das “King of Queens”-Intro bildet.
Feature mit Casper
Nach all dem Zweifeln und Hinterfragen sind Fatoni und Casper auf “Burj Khalifa” erhaben über allem, da sie von oben allen anderen beim Scheitern zusehen. Direkt darauf folgt mit “Digitales Leben” ein rapfreier Gitarren-Song, den er in seinem Bad aufgenommen hat. Denn Fatoni romantisiert nicht nur andere Lebensentwürfe, sondern auch sein eigenes digitales Leben, das er gerne leben würde.
Natürlich wissen wir alle, dass wir nur die schönen Momente auf den Social Media-Kanälen teilen, doch trotzdem diesem Wissen verwechseln wir oft das digitale Leben mit dem realen. Fatoni vergleicht hier eben auch sein eigenes digitales Leben mit seinem realen Leben und fühlt sich mies dabei.
Wenn Freunde zu Verschwörungstheoriern werden
Mit “Nein Nein Nein Nein Nein Nein” trifft Fatoni wiedermal den momentane Zeitgeist und erzählt die Geschichte, wie ein alter Kifferkumpel aus seiner Jugendzeit immer tiefer in die Verschwörungstheorien abgerutscht ist: “Sein Weltbild ist nicht klug, aber eines das er begriffen hat”, denn Verschwörungstheorien bieten oft einfache Antworten auf komplexe Themen. “Ich würde lieber glauben, alles wird von denen kontrolliert, als zugeben zu müssen, nicht genau zu wissen, wie unser Wirtschaftssystem funktioniert.” Er schafft es auch mit diesem Track treffende Vergleiche zu ziehen, ohne sich selbst über andere zu stellen und macht trotzdem klar wie gefährlich Verschwörungstheorien auch sein können.
“Bisschen narzisstisch und trotzdem leide ich am Hochstapler-Syndrom. Ich bin in jeder Bedeutung eine eher komische Person.” Mit “Ich glaub mit mir stimmt was nicht” nimmt uns Fatoni mit in seine Gedankenwelt und rappt davon, wie er versucht vor sich selbst zu flüchten, von einer Panikattacke während einer Theateraufführung und all den zweifelnden Gedanken zwischen Euphorie und Lethargie. Während auf “Mitch” die Geschichte eines Obdachlosen erzählt wird, der drogenabhängig ist und selbst diesem Lebensstil kann Fatoni eine Romantisierung abgewinnen.

Fatoni und Dirk von Lowtzow (Tocotronic), Foto: (c) facebook.com/Fatonimusik
Aber nicht nur dieses Thema wird romantisiert, denn es gibt auf dem Album auch ein Liebeslied an seinen Algorithmus. Da dieser ihm passende Musik, Kleidung, etc. vorschlägt und sich alles merkt, was ihm gefällt. Und sind wir ehrlich manchmal sind wir froh, dass uns diverse Streamingdienste Filme und Musik vorschlagen, die uns gefallen könnte. Somit ist diese Liebe nicht ganz unbegründet.
Fazit // „Andorra“
Zusammenfassend kann man sagen: “Andorra” ist wie ein kleiner Einblick in ein Tagebuch von Fatoni. Wir hören ihm zu, welche Ziele er hat und wie er an sich selbst scheitert, ohne jedoch komplett in Selbstmitleid zu versinken. Anstatt Rumgepose gibt es Denkanstöße und obwohl es musikalisch so unterschiedlich ist, ist der rote Faden inhaltlich klar zu erkennen.
„Andorra“ ist kein Album für nebenbei. Man sollte vielmehr zuhören, denn dann hilft es, da man merkt, dass man nicht selbst in den immer gleichen Gedankenspiralen gefangen ist und dass Ehrlichkeit kein Zeichen von Schwäche ist. Und wer ein Dexter-Feature vermissen sollte, dem bleiben die ein oder anderen Adlibs auf dem Album.
„Andorra“ // Tracklist

Das Album Cover zum neuen Fatoni Album „Andorra“, 2019
Alles zieht vorbei feat. Dirk von Lowtzow (TIPP)
Die Anderen (TIPP)
Clint Eastwood
D.I.E.T.E.R.
Burj Khalifa feat. Casper
Digitales Leben
Nein Nein Nein Nein Nein Nein
Alles cool
Krieg ich alles nicht hin
Ich glaub mit mir stimmt was nicht (TIPP)
Mitch
Wie du
OK OK OK