Ein weiteres Mile of Style Festival liegt erfolgreich hinter uns. Rund 1.000 Besucher pilgerten am vergangenen Osterwochenende nach Bremen in den Aladin- und Tivoli-Komplex.
Einleitung
Das Line Up der „Mile Of Style“ konnte sich nicht nur sehen lassen, sondern erfüllte auch die hoch angesetzten Erwartungen. Bei zwei Bühnen blieb die ein oder andere Überschneidung natürlich nicht aus. Doch wer sich für ein „Bühnenhopping“ entschied, der konnte dies aufgrund der kurzen Erreichbarkeit recht gut meistern.
Der Festival-Samstag
Als wir nach einem kurzen Hotel-Aufenthalt, einer Sportzigarette und Supermarkteinkäufen um kurz nach 17 Uhr auf dem „Mile of Style“ ankamen, wurden wir glücklicherweise von einer nicht allzu langen Schlange begrüßt. Das lag einerseits daran, dass ein Großteil der Festivalbesucher erst zur Abenddämmerung erschienen ist und andererseits daran, das wir den Presseeingang benutzen durften.
Nach einem obligatorischen Aufenthalt Im Pressebereich, wo gerade SML’s Mio Mao und Pewee einige Solo-Tracks zum Besten gaben, zog es mich weiter zur Tivoli-Bühne, da ich gespannt war, wie Swiss & die Andern bei dem jungen und trinkfreudigen „Mile of Style-Publikum“ ankommen würden. Die Hamburger verstanden es ausgezeichnet ihren Crossover-Sound vom letzten Album mit einem authentischen Auftritt zu verbinden und den Funken auf das Publikum überspringen zu lassen. Erste Moshpits und Pogo-Action waren die Folge. Das alles schon zwischen 17 und 18 Uhr.
Zugezogen Maskulin (auf dem Foto oben mit der Antilopen Gang) entführten uns danach in das deutsche Großstadtleben anno zwofuffzehn, meist von Zynismus durchtränkt und immer irgendwo zwischen Kryptik und gehobenem Zeigefinger. Düstere Bass-Bretter und kalt krachende Drums trafen auf einen kreischenden grim104, seinen stimmlichen Gegenpol Testo sowie Kenji451 als unterstützenden Geiger und garantierten so ein nachhaltiges Live-Erlebnis.
Nach diesem gelungenen, sehr experimentierfreudigen Auftritt wechselten wir nun zum „Pure Rap“-Block des Abends. Den Anfang machte Absztrakkt (Artist Feature #67), der leider mit dem stellenweise schlechte Sound auf der Tivoli-Bühne zu kämpfen hatte. Auch die Tatsache, dass er parallel zu Zugezogen Maskulin spielte, machten seinen Auftritt leider zu einem kompletten Reinfall.
Ganz anders beim danach spielenden Architekt (Artist Feature #125): Eine One-Man-Show, die gleichzeitig die Records-Release-Party zu seinem neunen Longplayer „Hits 2015“ war und pure Energie versprühte. Auch wenn sich der Großteil der Festival-Besucher für Olexesh entschied, machten die eingefleischten Architekkt-Anhänger genug Lärm und bekamen neben den Solo-Tracks, auch den Alter Ego MC Zuhälter, einen Gastauftritt von Ruhrpott-Legende Lakmann sowie eine Zugabe geboten.
Nachtrag: Architekt aka MC Zuhälter feat. Lakmann One (Witten Untouchable) – Verwahrloste Lines (vom Mile of Style):
Posted by Rap and Blues on Montag, 6. April 2015
Das Glück einer treuen Anhängerschaft hatte auch JAW. Ansonsten hätte man seine bewegungsarme Darbietung fast schon als lustlos auffassen können. Zum Glück lockten die unzähligen „JAW-Rufe“ der Zuschauer Dokta Jotta irgendwann doch noch aus seiner Reserve, so das der Auftritt als gelungen bezeichnet werden kann.
Der darauffolgende Auftritt war ebenfalls ein Paradebeispiel für eine treue Anhängerschaft. Creutzfeld & Jakob sind heute nur noch sporadisch mit wenigen Auftritten im Jahr zusammen aktiv. Umso mehr hat es mich gefreut, das im Rahmen der „Mile Of Style“ eines der wenigen Konzerte der Wittener Rap-Urgesteine ankündigt wurde. Mit einem Witten Untouchable-Block weckte der Auftritt nicht nur Erinnerungen an vergangene Tage. Fazit: Rappen ist für Lakmann One und Flipstar anscheinend wie Fahrradfahren – sie haben nichts verlernt!
XATAR auf dem Weg zum Mile of Style! IZ DA!
Posted by Mile of Style on Samstag, 4. April 2015
Der Restabend stand (fast) komplett im Zeichen von Street-Rap, genauer gesagt Alles-Oder-Nix meets Azzlackz. Hätte es keinen Timetable gegeben, hätte man denken können, dass die Solo-Shows von Olexesh, Celo & Abdi und Xatar, gemessen an den Gastauftritten, ein großer Komplott der beiden Labels gewesen wäre. Neben den eben genannten Künstlern gaben sich Haftbefehl und Schwesta Ewa inkl. Stripperin ebenfalls die Ehre. Die basslastigen Instrumentals und die fanatische Anhängerschaft machten die Auftritte auch für „Nicht-Straßenrap-Fans“ zu einem Must-See, auch wenn die Live-Qualitäten sicher noch an der einen oder anderen Stelle nachgebessert werden dürfen.
Abgeschlossen wurde der erste Tag von den Orsons, dessen neues Show-Set in Bremen Premiere feierte sowie einem routinierten Auftritt vom Boss aka Kollegah. Eine Orsons-Show verspricht grundsätzlich Entertainment und das gab es auch zur Genüge (hier unsere Reviews zum aktuellen Album „What’s Goes?“) Die bunte, professionelle und dabei immer auch persönliche Show kam im mittlerweile gut besuchten Aladin sehr gut an und entpuppte sich als Headliner-Show zum eigentlichen Headliner des Festivals: Kollegah, der mit seinen drei BackUps seine unzähligen Punchlines, Doubletimes und Ohrwurm-Hooks gewohnt souverän herunterspielte.
Einige Fragen blieben dennoch offen: Wo und wer war der Secret-Headliner? Wieso wurde der Timetable so spät veröffentlicht? Schade auch, das Absztrakkt und andere Künstler, die auf der Nebenbühne auftraten, mit einer teilweise schlecht eingespielten Soundanlage zu kämpfen hatten. Trotz alledem überwog das positive. Erster Festivaltag: Mission erfüllt.
Der Festival-Sonntag
Der zweite Tag begann für mich mit einem eher unhörbaren Auftritt von Duzoe, Dollar John und Scotch (Das fehlen von donetasy nehmen wir mal als „normal“ hin). Unhörbar, weil schreien statt rappen, laute Beats mit zu viel Bass und skurrilen Themen (Müll-Gang?!). Aber wenn die Erwartungshaltung an einen Auftritt, trotz meiner lobenden Kritik zur „Frank“-EP, nicht allzu hoch ist, kann man auch nicht enttäuscht werden.
Anders bei Dissythekid (Artist Feature #102). Die durch die Bank hochgelobte Debüt-EP „Pestizid“ machte nicht nur mich neugierig, ob es der Erfurter mit seinem teilweise ruhigen Sound und dem überschaubaren Repertoire an Songs schaffen würde, die Zuschauer zu überzeugen. Die Antwort: Mit seinem TagTeam-Partner Dekzter Fro lieferte er eine ordentliche Show ab. Nicht schlecht, aber auch noch nicht herausragend. Die Zeit wird es zeigen, wohin sich seine Live-Qualitäten entwickeln werden.
Leider war meine Aufenthaltsdauer vor der Tivoli-Bühne ziemlich kurz, da mein persönliches Highlight auf der Main-Stage wartete: Die Säcke aka Rhymin Simon, Vokalmatador, Plaetter Pi, Sha-Karl, Michael Mic & Druss zum ersten Mal live in concert! Ihr charmanter, kneipentauglicher Sound, der sich an Hits aus den 80ern und 90ern orientiert, verleitet nicht nur alte Royalbunker- und Big Bud-Fans wie mich zum mitgrölen und schunkeln. Selbst das bereits erwähnte noch sehr junge Publikum, dem „Kingpintin“ und „Alles ist die Sekte“ höchstwahrscheinlich kein Begriff mehr ist, schrie völlig überraschend „Dies, Das, Ananas“ und „Wir hängen im Schlawinchen“ aus vollem Hals.
MoTrip und jokamusic zerlegen grad auf der Aladin-Stage.Ab 23 Uhr gibt es noch Aftershowprogramm mit Drunken Masters, DJ Stickle uvm… Eintritt dann nur noch 5 Euro.
Posted by Mile of Style on Sonntag, 5. April 2015
<(small>(Direktlink zum Beitrag)
Die Show von MoTrip und Joka bestand zwar weniger aus Überraschungen, dennoch war sie so energiegeladen als wäre „Embryo“ erst letzte Woche erschienen und noch taufrisch. Ihr Auftritt bestätigte einerseits die Tendenz, dass der Longplayer aufgrund der Langlebigkeit der Songs in den nächsten Jahren zu einem echten Klassiker avancieren könnte und andererseits Joka’s Stellung als Ausnahme-BackUp. Zugleich kündigte der Bremer den Vorverkauf und die Bekanntgabe seines nächsten Albums noch für April an.
Keine Spur von einem alten Eisen und mindestens genauso fresh wie der Vorgängerauftritt präsentierte sich B-Tight. Mit einer bunten Mischung aus alten und neuen Tracks, lieferte das Berliner Rap-Urgestein eine Show, bei der für jeden etwas dabei war und führte einem vor Augen wie lange Bobby eigentlich schon im Rap-Geschäft mitmischt und der sich auch nicht zu schade war um sich unter die Crowd zu mischen und dort weiterzurappen.
Da kommen Erinnerungen hoch! B-Tight auf dem Mile of Style:
Posted by Rap and Blues on Sonntag, 5. April 2015
Was Creutzfeld & Jakob für den Ruhrpott ist, das ist Azad für Frankfurt. Wenn nicht noch mehr. Der mittlerweile 41-jährige Wegbereiter für den heutigen Straßenrap hatte mit seinen BackUps Jeyz und Solo sichtlich Spaß auf der Bühne und sorgte mit einer hungrigen Performance von seinen unzähligen Hits wie „Eines Tages“, „Mein Block“, „Streetlife“ und „Monstershit“ für einige Gänsehaut-Momente. Authentizität hat einen Namen: B-O-Z-Z.
Wem dieses Brett an Street-Rap noch nicht genug war, musste nicht lange auf Nachschub in Form von Haftbefehl und Konsorten warten. In gewohnter Azzlackz-Manier kam das Label-Oberhaupt mit Milonair und seinem Bruder Capo nach Bremen. Wer so einen Hype wie der Frankfurter aktuell genießt braucht keine ausgefallene Show oder besondere Gimmicks auf der Bühne. Seine Bühnenpräsenz und die pumpenden Beats reichen da vollkommen aus, damit jeder im Raum weiß, wer der Babo ist und dass er mit seinem Besten rollt.
Allerdings war nach der Vielzahl von Auftritten noch lange nicht Schluss. Auf den Aftershow-Parties legten unter anderem DJBinichnich aka Harris, DJ Stylewarz (Artist Feature #43), Drunken Masters Beathoavenz, MirkoMachine und DJ Stickle auf. Moderiert wurde die ganze Veranstaltung von Spax.
Unser Fazit
Rückblickend kann ich nur sagen, dass das „Mile of Style“ mich auch in diesem Jahr wieder überzeugt hat. Mit einer etwas besser durchdachten und größeren Promo Kampagne hätte das Festival durchaus das Potential, in den kommenden Jahren neben dem splash! und dem noch jungen Out4Fame-Festival zu einer festen Instanz zu werden.
Weitere Fotos und Videos vom Mile of Style 2015 findet ihr bei Facebook und Twitter.
4 Comments
[…] für die Atzen und tischte feinstes vom Feinsten auf aber Auslöser für die Umsetzung war das “Mile Of Styles” Festival, da wir nicht nur altes spielen […]
[…] “Partyalarm” zeichneten dies bereits ab und sein Auftritt auf dem vergangenen “Mile of Style” bestätigte […]
[…] meiner Meinung über JAW hat sich seit dem Mile of Style 2015 nichts verändert: Eine bewegungsarme Darbietung, die man fast schon als lustlos auffassen könnte. […]
[…] ist 2010 erschienen. Außer ein paar Features, Tracks und Auftritte unter anderem beim „Mile Of Style“, hat sich JAW in den letzten Wochen sehr rar gemacht. „Niemandsland“ ist der erste […]